5. Juli 2011 von Hartmut Fischer
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Schadenersatz mit „Gammelabzug“

Schadenersatz mit „Gammelabzug“

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5. Juli 2011 / Hartmut Fischer

Wer anderen einen Schaden zufügt, muss dafür aufkommen. Wenn es sich bei den Schädigenden um Kinder handelt, haften die Eltern. Soweit so klar. Doch sollte es sich um ein über Jahre verwahrlostes „Gammelhaus“ handeln, kann der Eigentümer bei einer Schädigung auf einem Teil des Schadens sitzen bleiben. Zu diesem Ergebnis kam jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz (Urteil vom 15.06.2011 – Aktenzeichen 1 U 643/10).

In dem Verfahren ging es um Schadenersatz aufgrund eines Wohnungsbrandes. Vorausgegangen war, dass vier Kinder im Alter zwischen acht und zwölf Jahren in einem seit Jahren leeerstehenden Haus mit einer brennenden Pappe „Licht machen wollten“. Sie setzten damit das Haus in Brand. Das Haus wurde vernichtet.

Die Klage auf Schadenersatz richtete sich sowohl gegen die Mutter (wegen Verletzung der Aufsichtspflicht) als auch gegen die vier Kinder, die nach Meinung des Klägers erkennen mussten, wie gefährlich ihr Handeln war. Die Versicherung der Beklagten übernahm 50 % des Schadens. Weitere Zahlungen wurden verweigert, da das Haus jahrelang leer gestanden habe und in dieser Zeit verwahrlost sei.

Das Landgericht Koblenz kam zu dem Ergebnis, dass die älteren beiden der vier Kinder (diese waren zum Zeitpunkt der Schädigung 11 und 12 Jahre alt) hinreichen einsichtsfähig gewesen  seien. Die Kinder wurden zum vollen Schadenersatz verurteilt. Eine Mitschuld der Mutter sah das Gericht nicht. Aber auch ein Mitverschulden des Eigentümers konnte das Gericht nicht erkennen. Er habe nicht mit dem Vorfall rechnen müssen. Die Vertreter der verurteilten Kinder legten jedoch Widerspruch ein und beharrten darauf, dass wegen der Verwahrlosung des Hauses den Eigentümer ein Mitverschulden treffe.

Das OLG gab der Vorinstanz insofern Recht, dass gegen die beiden älteren Kinder ein grundsätzlicher Schadenersatzanspruch bestehe. Nach Meinung der Richter müsse aber der Schaden nur zu 70 % ersetzt werden. In der Verhandlung hatte das Oberlandesgericht festgestellt, dass das Haus innen verwahrlost gewesen sei. Außerdem sei die Immobilie für jedermann zugänglich gewesen. Das Gebäude sei ein Treffpunkt für Unbefugte geworden und von Kindern als eine Art „Abenteuerspielplatz“ genutzt worden.

Vor diesem Hintergrund habe der Eigentümer die Gefahren erkennen müssen, die von den im Haus spielenden Kindern ausginge. Er hätte entsprechende Vorkehrungen treffen müssen, um Kinder vom Spielen im Haus abzuhalten. Deshalb seien ihm 30 % des Schadens anzulasten.

Das Gericht entschied deshalb, dass dem Hauseigentümer 70 % des Gesamtschadens von 51.300 € – also 35.900 € – zu erstatten seien. Den Restbetrag von 15.400 € musste der Immobilieneigentümer selbst tragen.

(Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 15.06.2011 – Aktenzheichen 1 U 643/10)
Foto: (c) Hartmut910 / www.pixelio.de

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