23. Juni 2020 von Hartmut Fischer
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Doch nur ein Foto?

Doch nur ein Foto?

23. Juni 2020 / Hartmut Fischer

Wenn eine Wohnung vermietet werden soll, wollen Mietinteressenten natürlich vorher wissen, wo sie nachher wohnen werden. Darum benötigt man häufig Fotos, damit die Zahl der Bewerber von vorneherein auf die „echten Interessenten“ eingegrenzt werden kann. Doch Vorsicht: Ist die Wohnung noch bewohnt, kann der Mieter Aufnahmen verbieten.

Solange das Mietverhältnis besteht, ist der Mieter der alleinige Besitzer der Wohnung. Insofern hat er die alleinige Verfügungsgewalt über die Mietsache (mit einigen Ausnahmen). Er kann es deshalb verbieten, dass Aufnahmen von der Mietwohnung gemacht werden. Auch die Gerichte sehen das so. Beispielsweise entschied das Landgericht Frankenthal (Pfalz) in einem Urteil vom 30.09.2009 (Aktenzeichen 2 S 218/09), dass der zwar das Recht habe eine gekündigte Wohnung mit Interessenten zu besichtigen, nicht aber, Fotos von der Wohnung anzufertigen. Das Gericht begründete dies damit, dass der Mieter keine Kontrolle habe, wer Zugang zu den Aufnahmen habe. Das Fotografieren der Wohnung stelle deshalb einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre des Mieters dar, die dieser nicht hinnehmen müsse.

Ähnlich sah dies das Amtsgericht Steinfurt in einem Urteil vom 10.04.2014 (Aktenzeichen 21 C 978/13). Das Gericht setzte sich hier mit der Abwägung der Grundrechte von Vermieter und Mieter auseinander. So habe der Vermieter zwar ein im Grundgesetz verbürgtes Eigentumsrecht (Artikel 14 GG). Dem stehe aber das Besitzrecht an der Wohnung gegenüber (§ 535 Abs. 1 BGB). Der berechtigte Besitz des Mieters unterstehe ebenfalls dem grundrechtlichen Eigentumsschutz (Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.05.1993 – Aktenzeichen Z 1 BvR 208/93).

Außerdem sah das Gericht im Fotografieren und Veröffentlichen der Wohnungs-Aufnahmen einen Eingriff in die Allgemeinen Persönlichkeitsrechte des Mieters (Artikel 1 Abs. 1, Artikel 2 Abs. 1 GG). Die Wohnung müsse hier der Privatsphäre der dort wohnenden Person zugeordnet werden. Diese sei besonders schützenswert.

Außerdem verwies das Gericht auf das Recht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 GG), das ebenfalls zugunsten des Mieters berücksichtigt werden muss.

Vor diesem Hintergrund wog für das Gericht das Recht des Mieters auf Schutz der Privatsphäre schwerer, als das grundrechtlich geschützte Verwertungsrecht des Eigentümers. Dem Argument des Vermieters, dass er ohne aussagefähige Fotos keine neuen Mieter finden könne, widersprach das Gericht in seiner Begründung. Auch wenn bereits über die allgemein bekannten Internetportale inseriert würde, „geht es doch entschieden zu weit, eine Wohnung für fast unverkäuflich zu erklären, wie es die Vermieterin macht, wenn diese nicht mit Fotos im Internet angeboten wird.“

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