7. August 2020 von Hartmut Fischer
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Eine „Betreuungsstelle“ in der Mietwohnung?

Eine „Betreuungsstelle“ in der Mietwohnung?

7. August 2020 / Hartmut Fischer

Die Mieter entdecken immer häufiger die „Betreuungsstelle“ als (Zusatz-)Verdienstquelle. Hausmütter und -väter scharen dann Kinder um sich, was oft zu Streit unter den Mietern führt. Denn Kinder müssen spielen und das Spiel findet nun mal nicht als Stummfilm statt. Für Sie als Vermieter stellt sich dann die Frage, ob Sie einschreiten sollen oder gar müssen.

Kinderbetreuung bedarf der Genehmigung durch den Vermieter

Grundsätzlich ist die Betreuung von Kindern gegen Entgelt eine gewerbliche Tätigkeit, die der Mieter nur mit der Erlaubnis des Vermieters ausführen kann. Allerdings gibt es hier, wie so oft, ein Hintertürchen, das der Mieter nutzen kann: Für die Frage, ob es sich um eine genehmigungspflichtige Tätigkeit handelt, spielt es eine entscheidende Rolle, in wieweit die Tätigkeit nach außen wirkt (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 31.07.2013 – Aktenzeichen VIII ZR 149/13).

Zunächst ist also festzuhalten, dass der Mieter Sie auf jeden Fall informieren muss, wenn er eine gewerbliche Kinderbetreuung in der Wohnung etablieren will. In wieweit sich diese Tätigkeit nach außen auswirkt, ist allerdings umstritten. Zwar werden die Kinder gebracht und geholt, was aber täglich nur kurze Zeiträume umfasst. Es kann aber auch der Kinderlärm bei der Entscheidung, ob die Tätigkeit genehmigt werden muss oder nicht, eine wichtige Rolle spielen. Letztlich kommt es hier auf den Einzelfall und damit nicht zuletzt auf die Anzahl der Kinder an, die betreut werden.

Auf die Anzahl kommt es an

Die Betreuung von Kindern wird von fast allen Gerichten als zumutbar angesehen, wenn die Anzahl der bereuten Kinder im Bereich liegt, wie sie bei einer durchschnittlichen Familie vorkommen. Bei zwei bis drei Kindern werden Sie also kaum eine Möglichkeit haben, diese Betreuung in der Mietwohnung zu verbieten.

Für das Landgericht Berlin stellte sich nun die Frage, ob ein Vermieter seiner Mieterin die entgeltliche Tagespflege von bis zu fünf Kleinkindern erlauben müsse. In ihrer Entscheidung stellten die Richter fest, dass die Tagespflege störender als die normale Nutzung der Wohnung sei und der Vermieter die  Tagespflege nicht erlauben muss (Urteil des Landgerichts Berlin vom 24.10.2013 – Aktenzeichen 67 S 208/13).

In einer anderen Entscheidung stellten die Richter des Berliner Landgerichts fest, dass die Betreuung von fünf Tageskindern in einer Mietwohnung grundsätzlich nicht vertragsgemäß sei, aber von Fall zu Fall geprüft werden müsse (Urteil des Landgerichts Berlin vom 06.07.1992 – Aktenzeichen 61 S 56/92).

Auch andere Gerichte haben die Erlaubnis der Betreuung von der Anzahl der betreuten Kinder abhängig gemacht. So entschied das Landgericht Hamburg, dass in einer 90-Quadratmeterwohnung-Wohnung von der Mutter eines vierjährigen Kindes noch bis zu drei Kinder betreut werden dürften. Mehr Kinder seien nicht zumutbar. (Urteil des Landgerichts Hamburg vom 22.04.1982 – Aktenzeichen 7 S 63/82).

Die eingangs erwähnter Entscheidung der Berliner Richter wird auch durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.07.2012 (Aktenzeichen V ZR 204/11) bestätigt. Auch daraus ergibt sich, dass eine Betreuungstätigkeit grundsätzlich der Erlaubnis durch den Vermieter bedarf. Ob und unter welchen Bedingungen die Betreuung vom Vermieter abgelehnt werden kann, klärt das Urteil allerdings nicht.

Der Bundesgerichtshof  entschied auch, dass die Genehmigung des Verwalters oder eine ¾ -Zustimmung der abstimmenden Mitglieder der Eigentümerversammlung vorliegen muss, wenn ein Wohnungseigentümer einem Mieter die Betreuung von Kindern erlaubt. (Urteil vom 13.07.2012 – Aktenzeichen V ZR 204/11). Eine Erlaubnis der Tätigkeit durch den Vermieter kann also zu ziemlichem Ärger führen.

Betreuung grundsätzlich möglich

Die Tätigkeit einer Tagesmutter kann also grundsätzlich auch in einer Mietwohnung ausgeübt werden. Hierfür ist jedoch die Erlaubnis des Vermieters erforderlich. Ob die Erlaubnis verweigert werden kann oder nicht, hängt von den unterschiedlichsten Faktoren ab. Zu prüfen ist beispielsweise

In welchem Umfang wird die Tätigkeit ausgeübt (haupt- oder nebenberuflich)?
Entstehen für die übrigen Mieter / Nachbarn zusätzliche, unzumutbare Belastungen?
Wie viele Kinder sollen betreut werden und ist die Wohnung hierfür ausreichend groß?
Betreut die Tagesmutter bereits eigene Kinder?

Kinderlärm als Ablehnungsgrund?

Kinder verursachen beim Spielen Lärm. Darum wird auch immer wieder die Frage gestellt, ob der zu erwartende Kinderlärm einen Grund darstellt, die Tätigkeit von Tageseltern in einer Mietwohnung zu verbieten.

Wie die bereits zitierten Urteile verdeutlichen sehen die Gerichte den von Kindern verursachten Lärm als „sozialadäquat“ an. Das hat beispielsweise zur Folge, dass andere Mieter nicht wegen Kinderlärm die Miete kürzen können. Doch auch für betreute Kinder gelten die Bestimmungen der Hausordnung. Die Betreuer haben darauf zu achten, dass diese Regelungen soweit wie möglich eingehalten werden.

Bringen und Abholen der Kinder

Häufig führen auch das Bringen und Abholen der betreuten Kinder zu Auseinandersetzungen zwischen anderen Mietern, Nachbarn oder dem Vermieter. Hier ist ein Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden interessant. Dort wurde entschieden, dass Behinderungen, die durch parkende Autos der abholenden oder bringenden Eltern entstehen, kein Grund zu Kündigung des Mietverhältnisses sind. Allerdings schränkte der Richter seine Entscheidung dahingehend ein, dass die Parkzeit fünf Minuten nicht überschreiten dürfe. Geklagt hatte ein Vermieter, der zunächst sein Einverständnis für die Tagespflege in der Mietwohnung gegeben hatte. Später stellte er jedoch fest, dass beim Bringen oder Holen der Pflegekinder immer wieder die Einfahrt zugestellt wurde. Er verlangte deshalb, dass die Tagespflege von der Mieterin eingestellt würde. Da die Mieterin der Anordnung nicht nachkam, kam es zur gerichtlichen Auseinandersetzung, die der Vermieter jedoch verlor. Dass es in einzelnen Fällen zu längeren Parkzeiten von bis zu 20 Minuten gekommen war, hielt der Richter aufgrund der geringen Anzahl der Fälle für nicht relevant (Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 26.11.2002 – Aktenzeichen 92 C 546/02.)

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