12. Mai 2015 von Hartmut Fischer
Teilen

Amtsgericht erkennt qualifizierten Mietspiegel nicht an

Amtsgericht erkennt qualifizierten Mietspiegel nicht an

Teilen
12. Mai 2015 / Hartmut Fischer

Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat den Berliner Mietspiegel 2013 in einem Urteil nicht als Rechtfertigungsmittel für eine Mieterhöhung anerkannt. Hier handelt es sich um einen sogenannten „qualifizierten Mietspiegel“. Die Richterin bemängelte jedoch, dass der Mietspiegel nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt, beziehungsweise korrigiert wurde. Deshalb sei er auch nicht als „einfacher Miespiegel“ verwertbar. Die zur Debatte stehende Mieterhöhung wurde deshalb aufgrund eines Gutachtens als gerechtfertigt eingestuft. 

Die zuständige Richterin gab der Klage eines Vermieters statt, der auf Zustimmung der Mieter zu einem Mieterhöhungsverlangen klagte. Nach dem Erhöhungsschreiben sollte die Kaltmiete von monatlich 853,21 € auf 946,99 € angehoben werden. Bei einer Größe von 131,71 m² entspricht dies 7,19 EUR pro Quadratmeter. Nach dem Berliner Mietspiegel 2013 wurde dies bereits als „Mietwucher“ deklariert. Aufgrund eines Sachverständigengutachtens entschied das Gericht aber, dass dem Berliner Mietspiegel 2013 (ein sogenannter qualifizierter Mietspiegel) keine gesetzliche Vermutungswirkung gemäß § 558 d Abs. 3 BGB zukomme. Eine Ablehnung der Zustimmung zum Mieterhöhungsverlangen könne deshalb nicht erfolgen, indem man auf den Mietspiegel verweise. 

Rechtliches

§ 558d – Qualifizierter Mietspiegel
(1) Ein qualifizierter Mietspiegel ist ein Mietspiegel, der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist.
(2) Der qualifizierte Mietspiegel ist im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung anzupassen. Dabei kann eine Stichprobe oder die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland zugrunde gelegt werden. Nach vier Jahren ist der qualifizierte Mietspiegel neu zu erstellen.
(3) Ist die Vorschrift des Absatzes 2 eingehalten, so wird vermutet, dass die im qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben.

Das Gericht bemängelte, dass von den Erstellern des Mietspiegels eine Extremwertbereinigung vorgenommen wurde, die nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden erfolgt sei. Dadurch seien relevante vergleichbare Mieten in dem hier maßgeblichen Mietspiegelfeld K 1 (Altbau, bezugsfertig vor 1918, Größe der Wohnung über 90 m², mittlere Wohnlage, mit Sammelheizung, Bad und WC in der Wohnung) mit Mieten von 7,00 EUR bis 11,00 EUR pro m² zu Unrecht als Wucher eingestuft worden und unberücksichtigt geblieben. Außerdem entspreche die Einordnung der verschiedenen Wohnlagen in die Kategorien „einfach“, „mittel“ und „gut“ nicht anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen.

Aufgrund der festgestellten fehlerhaften Extremwertbereinigung könne der Mietspiegel auch nicht als sogenannter „einfacher Mietspiegel“ (§ 558 c Abs. 1 BGB) herangezogen werden.

Rechtliches

§ 558c – Mietspiegel
(1) Ein Mietspiegel ist eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete, soweit die Übersicht von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt worden ist.
(2) Mietspiegel können für das Gebiet einer Gemeinde oder mehrerer Gemeinden oder für Teile von Gemeinden erstellt werden.
(3) Mietspiegel sollen im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung angepasst werden.
(4) Gemeinden sollen Mietspiegel erstellen, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht und dies mit einem vertretbaren Aufwand möglich ist. Die Mietspiegel und ihre Änderungen sollen veröffentlicht werden.
(5) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über den näheren Inhalt und das Verfahren zur Aufstellung und Anpassung von Mietspiegeln zu erlassen.

Zur Klärung des Falls, zog das Gericht dehalb ein weiteres Gutachten heran. Daraus ergab sich, dass die ortsübliche Vergleichsmiete 7,23 EUR pro Quadratmieter betrage. Das Mieterhöhungsverlangen der klagenden Vermieterin war auf Basis des Gutachtens begründet. Der Mietspiegel konnte nicht angewandt werden.

Es muss darauf hingewiesen werden, dass diese Entscheidung nicht automatisch dazu führt, dass der vom Gericht beanstandete Mietspiegel ungültig wird. Es handelt sich hier um eine Entscheidung des Gerichts, die zunächst nur für den verhandelten Fall Gültigkeit hat.

Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 11.05.2015 – Aktenzeichen 235 C 133/13

immo:News abonnieren
Nutzen Sie unseren Informations-Service und erhalten Sie kostenlose Produktinformationen aus erster Hand, exklusive Aktionsangebote, Tipps, Tricks und aktuelle Urteile rund um das Thema Vermietung.