Kein selbstständiges Beweisverfahren zur Feststellung wohnwererhöhender Merkmale

Kein selbstständiges Beweisverfahren zur Feststellung wohnwererhöhender Merkmale
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Bei der Erhöhung der Miete spielt in den meisten Fällen die ortsübliche Vergleichsmiete eine wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Beschluss vom 15.07.2025 (Aktenzeichen VIII ZB 69/24) klargestellt, dass der Vermieter die Vergleichsmiete nicht per Sachverständigengutachten im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens (§ 485 Abs. 2 ZPO) feststellen lassen kann.
Vermieter fordert selbstständiges Beweisverfahren.
Zu dem Beschluss kam es im Rahmen eines Verfahrens, in dem sich ein Mieter weigerte, ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters anzuerkennen. Er weigerte sich, die vom Vermieter in dem Verlangen angegebene wohnwerterhöhende Merkmale anzuerkennen. Daraufhin beantragte der Vermieter beim zuständigen Amtsgericht, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Das Gutachten sollte im Wege eines selbstständigen Beweisverfahrens (§ 485 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO) eingeholt werden, um zu klären, welche wohnwerterhöhende Merkmale in der Wohnung vorhanden sind.
Unter einem selbstständigen Beweisverfahren (§ 485 ZPO) versteht man ein gerichtliches Verfahren, bei dem vom Gericht Beweise (z. B. Gutachten, Zeugenaussagen) gesichert werden, obwohl noch keine Klage erhoben wurde. Durch das selbstständige Beweisverfahren werden Beweise rechtzeitig und unabhängig von einer Hauptklage festgehalten. Eine Partei kann ein schriftliches Sachverständigengutachten im selbstständigen Beweisverfahren beantragen, wenn der Rechtsstreit nicht anhängig ist und ein rechtliches Interesse daran besteht, den Zustand oder Wert einer Sache festzustellen. Ein rechtliches Interesse kann auch gegeben sein, wenn die Feststellung im Gutachten einen Rechtsstreit verhindern kann.
Der Vermieter begründete seinen Antrag auf ein selbstständiges Beweisverfahren mit dem rechtlichen Interesse an der Feststellung der örtlichen Vergleichsmiete. Das Gutachten könne dazu beitragen, dass ein Rechtsstreit um das Mieterhöhungsverlangen vermieden werde.
Gerichte lehnen selbstständiges Beweisverfahren ab
Sowohl das zuständige Amtsgericht als auch das Landgericht Berlin II lehnten ein selbstständiges Beweisverfahren ab. Sie stellten fest, dass hierfür der Mieter zustimmen müsse. Das Verfahren käme auch infrage, wenn Beweismittel verloren gingen oder ihre Nutzung schwieriger würde. Keine der Voraussetzungen läge jedoch vor. Auch in der Revision hatte der Vermieter keinen Erfolg.
BGH äußert sich grundsätzlich zur Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete
Der BGH nahm den Fall zum Anlass, generell klarzustellen, dass kein selbstständiges Beweisverfahren zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete zulässig ist. Das Gericht begründete seinen Beschluss damit, dass an der Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete beziehungsweise der Wohnwertmerkmale generell kein rechtliches Interesse besteht.
Bestehende Gesetze reichen aus
Das Gericht führte weiter aus, dass die Regelungen des Mieterhöhungsverfahrens sehr differenziert seien. Dadurch sollten die Interessen von Vermietern und Mietern angemessen ausgeglichen werden. Würde vor einem Mieterhöhungsverlangen die ortsübliche Vergleichsmiete in einem selbstständigen Beweisverfahren geklärt, würde dadurch der Schutz des Mieters (unter anderem Warte- und Überlegungsfristen) umgangen.
Bei einem selbstständigen Beweisverfahren müsste unter Umständen auch der Mieter zumindest teilweise die Gutachterkosten tragen. Dies sei aber nicht im Sinne des Gesetzgebers.
Kein selbstständiges Beweisverfahren notwendig
Abschließend stellte der BGH fest, dass ein selbstständiges Beweisverfahren zur Klärung der ortsüblichen Vergleichsmiete unnötig ist, wenn damit ein Rechtsstreit über eine Mieterhöhung vermieden werden soll. Die bestehenden Regelungen zur Mieterhöhung reichen aus, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Darum besteht auch kein rechtliches Interesse an einem selbstständigen Beweisverfahren.
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