4. August 2020 von Hartmut Fischer
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Landgericht Berlin: Mietendeckel verfassungsgemäß – aber zu früh wirksam

Landgericht Berlin: Mietendeckel verfassungsgemäß – aber zu früh wirksam

4. August 2020 / Hartmut Fischer

Ab wann ist der sogenannte „Berliner Mietendeckel“ wirksam? Mit dieser Frage befasste sich das Berliner Landgericht in einem Urteil vom 31.07. 2020. Grundsätzlich hält das Landgericht das Gesetz, mit dem in den meisten Fällen ein totaler Mieterhöhungsstopp verhängt wird, durchaus für verfassungskonform. Allerdings bemängeln die Richter, dass die Regelungen rückwirkend zum 18. Juni 2019 in Kraft getreten seien. Das Gericht vertrat die Ansicht, dass die Vorschriften erst mit Verabschiedung des Gesetzes am 23. Februar in Kraft treten durften. Dadurch wären Mieterhöhungen über die festgelegten Obergrenzen noch bis Ende Februar rechtens. (Aktenzeichen 66 S 95/20).

Grundlage des Verfahrens war eine Entscheidung des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg, dass die Klage auf Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen abgelehnt hatte. Das Mieterhöhungsverlangen war genau am 18.06.2019 gestellt worden. Da ab  diesem Tag der Berliner Mietendeckel in Kraft trat, entschied das Amtsgericht, dass es sich bei dem Mieterhöhungsverlangen für die Zeit ab dem 01. September 2019 um eine Forderung handele,  die auf ein verbotenes Rechtsgeschäft gerichtet sei. Hier würde nämlich ein Mietzins verlangt, der die am 18. Juni 2019 – dem Stichtag des Gesetzes – wirksam vereinbarte bzw. geltende Miete überschreite.

Das Landgericht Berlin wies jedoch in seinem Urteil darauf hin, dass der Berliner Mietendeckel als ein Verbotsgesetz mit zivilrechtlichen Folgen nach § 134 BGB erst am 23. Februar 2020 in Kraft getreten sei. Der in diesem Gesetz enthaltene Stichtag am 18. Juni 2019 stelle zwar einen materiell maßgeblichen Bezugspunkt für die Ermittlung der absolut (noch) zulässigen Miethöhe dar, ändere aber nichts daran, dass das gesetzliche Verbot höherer Mieten zum Stichtag am 18. Juni 2019 noch nicht existiert habe, sondern erst ab dem 23. Februar 2020 gelte. Daher sei eine Mieterhöhung aufgrund des Mietendeckels erst ab dem März 2020 verboten.

Zur Verfassungsmäßigkeit des Mietendeckels sah das Gericht weder formelle noch materielle Bedenken. Das Bundesverfassungsgericht habe bisher lediglich im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes die Frage nach der Gesetzeskompetenz des Landes Berlin für den Mietendeckel als „offen“ bezeichnet, und damit eine Tendenz nicht erkennen lassen. Da die Kammer selbst nicht zu Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit gelangt sei, sei das Verfahren auch nicht auszusetzen, sondern das als wirksam erachtete Gesetz anzuwenden.

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