20. September 2017 von Hartmut Fischer
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Mietpreisbremse verfassungswidrig?

Mietpreisbremse verfassungswidrig?

20. September 2017 / Hartmut Fischer

Das Landgericht Berlin hält die sogenannte Mietpreisbremse (§ 556d BGB) für verfassungswidrig. Nach Ansicht des Gerichts werden hier Vermieter benachteiligt, in dessen Gebieten die Mietpreisbremse angewandt wird. Die Richter sehen deshalb in der Mietpreisbremse einen Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes („ Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“).

Der Gesetzgeber habe mit der Mietpreisbremse in verfassungswidriger Weise in das Recht der Mietvertragsparteien, im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit den Mietpreis zu regeln, eingegriffen. In Berlin (wo die Mietpreisbremse angewandt wird) sei die zulässige Miete bei einer Neuvermietung auf 110 % der ortsüblichen Vergleichsmiete beschränkt. Bundesweit weise der Wohnungsmietmarkt preislich seit langem starke Unterschiede auf. So belaufe sich die ortsübliche Vergleichsmiete zum Beispiel in München auf 11,28 € pro Quadratmeter in 2013 und 12,28 € pro Quadratmeter in 2016, während sie in Berlin nur bei 6,49 € bzw. 7,14 € (Berlin-West) pro Quadratmeter gelegen habe. Der Unterschied betrage mithin jeweils über 70 %.

Damit habe der Gesetzgeber eine Bezugsgröße gewählt, die Vermieter in unterschiedlichen Städten wesentlich ungleich treffe. Weder der Gesetzeszweck noch die mit der gesetzlichen Regelung verbundenen Vorteile noch sonstige Sachgründe rechtfertigten dies. Insbesondere seien im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens die für eine mögliche sachliche Rechtfertigung relevanten einkommensbezogenen Sozialdaten von Mietern nicht erhoben worden. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass die einkommensschwächeren Haushalte und Durchschnittsverdiener, die vom Gesetz geschützt werden sollten, in höherpreisigen Mietmärkten wie München erheblich bessergestellt seien als die gleichen Zielgruppen in Berlin.

Darüber hinaus liege auch deshalb eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor, da diejenigen Vermieter, die bereits in der Vergangenheit eine (zu) hohe Miete (d.h. eine 10 % der ortsüblichen Vergleichsmiete übersteigende Miete) mit ihrem Mieter vereinbart hatten, ungerechtfertigt begünstigt würden. Denn diese Vermieter dürften bei einer Neuvermietung die „alte“ Miete weiterhin unbeanstandet verlangen. Ein Bestandsschutz für diese „alte“ Miete könne jedoch bei einer Neuvermietung nicht angenommen werden. Zudem sei die Ungleichbehandlung mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise schlichtweg unvereinbar. Denn diejenigen Vermieter, die in der Vergangenheit eine maßvolle Miete verlangt hätten, würden erheblich benachteiligt gegenüber denjenigen Vermietern, die schon in der Vergangenheit die am Markt erzielbare Miete maximal ausgeschöpft und damit ungleich höher dazu beigetragen hätten, dass Wohnraum für Geringverdiener knapp werde.

(Landgericht Berlin, Beschluss vom 14.09.2017 und Urteil vom 19.09.2017 – Aktenzeichen 67 O 149/17).

(67 O 149/17, 

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