25. Juli 2016 von Hartmut Fischer
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Räumungsschutz bei Gesundheitsrisiken

Räumungsschutz bei Gesundheitsrisiken

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25. Juli 2016 / Hartmut Fischer

Nur im absoluten Ausnahmefall kann einem Mieter Räumungsschutz auf unbestimmte Zeit gewährt werden. Selbst wenn bei einer Zwangsräumung ein Gesundheitsrisiko oder gar Suizidgefahr besteht, führt das nicht automatisch zu einem unbegrenzten Räumungsschutz. Nur, wenn eine Verringerung der Risiken auf unbestimmte Zeit ausgeschlossen ist, kann ein unbefristeter Räumungsschutz infrage kommen. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.01.2016 (Aktenzeichen IZB 12/15) hervor.

In dem Verfahren ging es um eine Dame, die bereits über 90 Jahre alt war. Ihr Haus wurde zwangsversteigert. Nach der Versteigerung wurde ihr mehrmals Räumungsschutz gewährt. Nach zwei Jahren wurde die Zwangsvollstreckung auf unbestimmte Zeit eingestellt. Das zuständige Landgericht ging in seiner Entscheidung davon aus, dass die ältere Dame eine Zwangsräumung aus gesundheitlichen Gründen nicht überleben würde und dass auch mit einem Suizid gerechnet werden müsse. Der Hauseigentümer legte gegen diese Entscheidung Beschwerde vor dem Bundesgerichtshof ein und hatte damit Erfolg.  

Der Bundesgerichtshof verlangte eine Abwägung zwischen Schuldner- und dem Gläubigerinteresse. Würde der Räumungstitel des Gläubigers – hier der Hauseigentümer – Sei der Räumungstitel des Gläubigers nicht durchsetzbar, werde sein Grundrecht auf Eigentumsschutz (Art. 14 GG, Abs. 1 Satz 1: „Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet.) beeinträchtigt. Auch sein Anspruch auf Rechtsschutz nach Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz sei eingeschränkt („Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. …“). Darum müsse geprüft werden, ob es keine anderen Möglichkeiten gebe, als die Aussetzung der Zwangsvollstreckung. Ein Räumungsschutz auf unbestimmte Zeit müsse hier die absolute Ausnahme darstellen.

Dieser käme nur ausnahmsweise in Frage, wenn die gesundheitlichen Gefahren und/oder die Suizidgefahr nicht durch andere Maßnahmen abgewendet werden könnten. Hier müsse auch die Mitarbeit des Schuldners beziehungsweise der staatlichen Stellen in Betracht gezogen werden.

Rechtliches

§ 765a BGB: Vollstreckungsschutz
(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.
(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.
(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.
(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.
(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

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