16. März 2024 von Hartmut Fischer
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Baum zerstört: Schadenersatz-Anspruch

Baum zerstört: Schadenersatz-Anspruch

© Dmitry Gez / vecteezy

16. März 2024 / Hartmut Fischer

Bei der Zerstörung  alter Gehölze ist in der Regel kein kompletter Naturalersatz zu leisten. Der Anspruch setzt sich vielmehr aus einer Teil­wieder­herstellung (Neu-Anpflanzung) und einen Ausgleich für eine Wertminderung des Grundstücks. Zu diesem Ergebnis kam das Oberlandesgericht Frankfurt in einem Urteil vom 06.0.2024 (Aktenzeichen 9 U 35/23).

Rückschnitt zweier alten Bäume

In dem Verfahren ging es um  einen Nachbarschaftsstreit wegen zweier zurückgeschnittener, rund 70 Jahre alter Bäume. Die Bäume befinden sich auf dem Grundstück des Klägers. Er ließ die Bäume mehrmals im Jahr von einem Fachunternehmen beschneiden. 1,60 m von der Grundstücksgrenze entfernt stand eine Birke, 3,50 m entfernt ein Kirschbaum. Der Baumeigentümer erklärte sich damit einverstanden, dass der Nachbar die auf sein Grundstück ragenden Äste entfernt.

Absterben der Bäume durch Rückschnitt zu befürchten

Im Mai 2020 betrat der Nachbar das Grundstück und beschnitt die beiden Bäume derart, dass sie eingehen können. Die Birke bis unter das Laub gekürzt. Der Kirschbaum wurde komplett eingekürzt. Da die Bäume wahrscheinlich eingehen werden, verlangte der Baumeigentümer Schadenersatz in Höhe von rund 35.000 €. Das Landgericht gestand ihm aber lediglich 4.000 € zu. Dies war dem Kläger zu wenig und er ging in Berufung vor das Oberlandesgericht.

Dort wurde das Landgerichts-Urteil aufgehoben und zurücküberwiesen. Dabei ging das Gericht von folgender gefestigten Rechtslage aus.

kein recht auf austausch ausgewachsener Bäume

Ein ausgewachsener Baum muss nicht ersetzt werden. Die Verpflanzung eines gleichwertigen Baums ist mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden.

Anspruch auf Neupflanzung und Ersatz von wertminderung

Als Schadensersatz kann normaledrweise lediglich die Anpflanzung eines jungen Baumes verlangt werden.

Hinzu käme ein Ausgleich für die verbleibende Wertminderung des Grundstücks, die geschätzt werden müsse. Hierzu könnten die Kosten der Anschaffung, Pflanzung und Aufzucht des Gehölzes bis zur Funktionserfüllung  berechnet werden. Hinzu käme ein Zuschlag für das Anwachsrisiko.

Von dem so festgelegten Wert seien wertbeeinflussende Faktoren, insbesondere die Altersminderung und etwaige Vorschäden, abzuziehen.

Funktion der Bäume spielt etnscheidende rolle

Ausnahmsweise sind die vollen Wiederbeschaffungskosten zuzuerkennen, „wenn Art, Standort und Funktion des Baumes für einen wirtschaftlich vernünftig denkenden Menschen den Ersatz durch einen gleichartigen Baum wenigstens nahelegen würden“, erläutert das OLG weiter. Aufzuklären sei deshalb bei der Bewertung des Schadensersatzes die Funktion der Pflanzen für das konkrete Grundstück. Zu berücksichtigen sei dabei auch der klägerische Vortrag, wonach es ihr bei der sehr aufwändigen, gleichzeitig naturnahen Gartengestaltung auch darauf angekommen sei, Lebensraum für Vögel und sonstige Tiere zu schaffen und einen Beitrag zur Umwandlung von Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff zu leisten.


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