27. Dezember 2019 von Hartmut Fischer
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Hinnehmbarer Lärm durch Mehrzweckhalle

Hinnehmbarer Lärm durch Mehrzweckhalle

27. Dezember 2019 / Hartmut Fischer

Zusätzlich genehmigte Veranstaltungen in einer Mehrzweckhalle können als zumutbar für die Nachbarn angesehen werden, wenn die Grenzwerte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) eingehalten werden. Dabei kommt es auf die Anzahl der genehmigten Veranstaltungen an, ob diese noch als „seltene Ereignisse“ eingestuft werden können. Zu diesem Ergebnis kam das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in einem Urteil vom 22.11.2019 (Aktenzeichen 1 A 10554719.OVG).

In dem Verfahren stritt der Nachbar einer Mehrzweckhalle mit der Gemeinde.  Für die Halle war zunächst eine Baugenehmigung mit der Auflage erteilt worden, dass Veranstaltungen um 21:30 Uhr beendet sein mussten. Die Gemeinde beantragte nach geraumer Zeit eine Nachtragsbaugenehmigung, die es erlaubte, bis zu acht Veranstaltungen örtlicher Gruppen oder Vereine pro Jahr durchzuführen, die erst um 24:00 beziehungsweise 03:00 Uhr enden. Hiergegen wehrte sich der Nachbar.

Er hatte auch vor dem Verwaltungsgericht Koblenz Erfolg: Dort wurde die Nachtragsbaugenehmigung aufgehoben. Die betroffene Gemeinde ging jedoch in Berufung und erhielt vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Recht. Dort entschied man, dass die Zulassung von bis zu acht Veranstaltungen im Jahr nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße.

Grundsätzlich – so stellte das Gericht klar – gäbe es keine gesetzlich festgelegten Grenzwerte für Lärmbelästigungen bei Veranstaltungen. Darum müssen die Gesamtumstände für eine Entscheidung herangezogen werden. Hierbei muss das Augenmerk sowohl auf die individuelle Einzelfallbeurteilung als auch auf die Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu geachtet werden. Hierzu können auch Technische Regelwerke – in diesem Fall die TA Lärm – zu Rate gezogen werden. Im vorliegenden Fall ginge es um eine Bewertung in Anlehnung an die Ausführungen der TA Lärm zu „seltenen Ereignissen“. Hiernach seien bei seltenen Anlässen höhere Immissionsrichtwerte als die in einem allgemeinen Wohngebiet maßgebenden Werte zulässig. Die umstrittene Mehrzweckhalle befindet sich in einem allgemeinen Wohngebiet.


Auch das Landesimmissionsschutzgesetz von Rheinland-Pfalz zieht die TA Lärm im § 12 zu Rate. Das komplette Gesetz finden Sie hier.

Die TA Lärm finden Sie hier. 


Anders als das Verwaltungsgericht stufte das Oberverwaltungsgericht die strittigen Veranstaltungen als seltene Ereignisse im Sinne der TA Lärm ein. Es handele sich dabei um Veranstaltungen, die zum typischen gemeindlichen Leben gehörten. Dies sei von der Nachbarschaft als sozialadäquat zu akzeptieren. Die Nachtragsbaugenehmigung war für folgende Veranstaltungen erteilt worden: Zwei Jahreskonzerte eines örtlichen Chors und des örtlichen Musikvereins, der Königsball zu Ehren des Schützenkönigs, vier Aufführungen der örtlichen Theatergruppe und eine Jubiläumsveranstaltung eines sonstigen örtlichen Vereins.

Ein Gutachten ergab, dass die Immissionen bei diesen Veranstaltungen unter den Vorgaben der TA Lärm blieben. Da die TA Lärm von seltenen Veranstaltungen ausgeht, wenn hierfür nicht mehr als zehn Kalendertage in Anspruch genommen werden, sei auch hier der Grenzwert eingehalten worden.

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