3. Juni 2025 von Hartmut Fischer
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Mieterhöhung: Anforderungen an ein Gutachten

Mieterhöhung: Anforderungen an ein Gutachten

© Yana-Kazakova / Vecteezy

3. Juni 2025 / Hartmut Fischer

Grundsätzlich kann eine Mieterhöhung durch ein Sachverständigengutachten begründet werden (§ 558a BGB). Das Landgericht Lüneburg stellt im Urteil vom 02.04.2025 (Aktenzeichen 6 S 4/25) klar, welche (hohen) Anforderungen ein Sachverständigengutachten erfüllen muss.

Mieterhöhung per Gutachten begründet

Zu dem Rechtsstreit kam es, nachdem der Mieter ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters abgelehnt hatte. Der Vermieter begründete seinen Anspruch auf Mieterhöhung mithilfe eines Gutachtens eines Sachverständigen. Da der Mieter die Zustimmung verweigerte, klagte der Vermieter vor dem zuständigen Amtsgericht.

Amtsgericht: Gutachten nicht ausreichend

Das Amtsgericht wies die Klage ab. Nach Meinung des Gerichts erfüllte das Gutachten nicht die nach § 558a BGB notwendigen Mindestanforderungen an ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Der Vermieter legte nun Berufung vor dem Landgericht Lüneburg ein.

Landgericht zu den Anforderungen an ein Gutachten

Doch auch dort hatte er keinen Erfolg. Auch nach Ansicht des Landgerichts erfüllte das Gutachten nicht die geforderten Voraussetzungen. Das Gericht führte hierzu aus, dass ein Gutachten zur Begründung einer Mieterhöhung Aussagen erhalten muss, anhand derer der Mieter nachvollziehen kann, wie es zur Wertfeststellung kam. Die Einzelfeststellungen muss man nicht alle ausführen, wie das Gericht erläuterte:

„Nachvollziehbar ist das Gutachten für den Mieter dann, wenn ihm durch die Ausführungen des Sachverständigen der Eindruck vermittelt wird, die Schlussfolgerungen des Gutachters auf das vergleichbare Mietgefüge seien verständlich und naheliegend.“

Für eine ausreichende (formelle) Begründung des Mieterhöhungsbegehrens reicht es nach Ansicht des Gerichts grundsätzlich aus, wenn das Gutachten Angaben enthält, aus denen die geforderte Mieterhöhung hergeleitet wird. Die Angaben müssen den Mieter in die Lage versetzen, die Berechtigung des Erhöhungsverlangens zumindest ansatzweise selbst zu überprüfen.

Weiter führt das Landgericht aus, dass der Sachverständige eine Aussage über die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete trifft und die zu beurteilende Wohnung in das örtliche Preisgefüge einordnet. Hierzu ist es nicht erforderlich, dass der Sachverständige die streitgegenständliche oder eine vergleichbare Wohnung besichtigt hat. Er muss deshalb nicht mitteilen, auf welchem Weg (etwa durch Besichtigung oder auf andere Weise) er die tatsächlichen Grundlagen für die Angaben im Gutachten gewonnen hat.

Landgericht: Gutachten reicht nicht für Mieterhöhung

Nach Einschätzung des Gerichts erfüllte das Gutachten nicht die notwendigen Voraussetzungen zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens. Im Einzelnen bemängelte es:

  1. Für den Mieter war nicht nachvollziehbar, wie der Gutachter zu seiner Wertfeststellung kam. Der Gutachter gibt nicht an, wie er die ausgewiesenen Mietspannen ermittelte. Der Sachverständige machte unter anderem keine Angaben, wie viele Datensätze er seinem Gutachten zugrunde legte. Er gab zwar an, dass sich aufgrund seiner Recherche von Neu- und Bestandsmieten der letzten sechs Jahre eine Spanne von 6,80 – 11,00 €/m2/mtl. ergibt. Es fehlten aber Angaben, wie viele Mietverträge er aus welcher Kategorie, Neu- oder Bestandsmieten, dem Gutachten zugrunde lagen. Eine konkrete Gewichtung zwischen Neu- und Altvermietung war nicht zu erkennen. Der Sachverständige musste aber ein angemessenes Verhältnis von veränderten Bestandsmieten und Neuvertragsmieten aus dem maßgeblichen Betrachtungszeitraum berücksichtigen.
  2. Die Darlegung der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete enthält keine Angaben dazu, wie viele Datensätze der jeweiligen Wohnungskategorie zugrunde gelegt wurden. Es fehlen auch Angaben, welche Spanne für die jeweilige Kategorie ermittelt wurde. Der Sachverständige gibt nicht an, wie er zu den angegebenen durchschnittlichen Mietwerten gelangt ist. Das Gutachten enthält keine Angaben, welches der einschlägigen Internetportale bemüht wurde. Es fehlten auch Angaben, durch welche Angaben (Mietpreisdaten aus der Mietpreisveröffentlichung eines Verbandes, eines Datenportals oder den Mietpreisveröffentlichungen im Internet) die Berechnungen beeinflusst wurden.
  3. Es ist auch nicht angegeben, ob es sich bei der durchschnittlichen Nettomiete für die jeweilige Wohnungskategorie um ein arithmetisches oder bereinigtes Mittel handelt.
  4. Der Gutachter führte nicht detailliert aus, welche durchschnittlichen Mieten sich aus anderen Erkenntnisquellen als den Mietverträgen ergaben. Für einen Mieter ist es schlicht nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Datengrundlage sich die durchschnittliche Nettomiete ergibt.

Insgesamt gewann das Gutachten dem Gericht den Eindruck eines Gutachtens, das (so wörtlich) durch „Kaffeesatz-Lesen“ entstand. Nach alledem stufte das Gericht das Gutachten als für seinen Zweck gänzlich ungeeignet ein.


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