30. März 2017 von Hartmut Fischer
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Wenn aus Wohnraum Gewerberaum werden soll

Wenn aus Wohnraum Gewerberaum werden soll

30. März 2017 / Hartmut Fischer

Am 29.03.2017 befasste sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage, wann eine Wohnraumkündigung zulässig sein könnte, wenn die Wohnung danach ausschließlich zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken genutzt werden soll (Aktenzeichen VIII ZR 45/16).

Die Richter beim BGH hatten über die Klage einer Vermieterin zu entscheiden, die in Berlin eine Wohnung bei einer Zwangsversteigerung erworben hatte. Die Wohnung war vermietet und die neue Eigentümerin übernahm die Verpflichtungen des Vermieters. Im gleichen Gebäude, in dem sich die erworbene Wohnung befand, betrieb der Mann der neuen Eigentümerin ein Beratungsunternehmen. Die Vermieterin kündigte den Mietvertrag mit der Begründung, die Wohnräume würden zur Erweiterung der Büroräume für das Geschäft Ihres Mannes benötigt. Der Mieter weigerte sich jedoch auszuziehen, so dass die Frage vor Gericht geklärt werden musste.

In den Vorinstanzen entschieden die Richter salomonisch. Einerseits sahen sie das berechtigte Interesse der Vermieterin als gegeben an. Dies sei auch gleich stark zu werten, wie der Tatbestand der Eigenbedarfskündigung.

Der BGH sah es für unzulässig an, den Bedarf an Wohnungen aus beruflichen oder geschäftlichen Gründen pauschal zu den anzuerkennenden Vermieterinteressen zu rechnen, die eine Kündigung rechtfertigten. Dieses berechtigte Interesse müsse von Fall zu Fall geprüft werden.

Aus dem § 573 BGB (siehe unten) lasse sich eindeutig ableiten, dass bei einer Kündigung einer Wohnung zur weiteren beruflichen oder gewerblichen Nutzung der Tatbestand der Eigenbedarfskündigung nicht erfüllt sei. Hier handele es sich auch nicht um eine Kündigung, die der wirtschaftlichen Verwertung im Sinne von § 573 BGB entspreche. Deshalb sei in diesen Fällen immer eine Einzelbewertung durchzuführen, bei denen die Belange von Vermieter und Mieter gegeneinander abgewogen werden müssen.

Die Wohnung zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken zu nutzen, sei dabei zwischen den im § 573 genannten Gründen für eine ordentliche Kündigung anzusiedeln. Hieraus ließen sich einige Leitlinien ableiten.

  • Eine gemischte Nutzung zu Wohn- und beruflichen oder gewerblichen Zwecken, liege dem Grund der Eigenbedarfskündigung nahe (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
  • Eine rein gewerbliche oder berufliche Nutzung liege hingegen näher an den Voraussetzungen für eine Verwertungskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB)

Im vorliegenden Fall konnte das Gericht kein berechtigtes Interesse der Vermieterin an der Beendigung des Mietverhältnisses erkennen. Bei einer rein gewerblichen Nutzung durch den Ehemann hätte die Vermieterin nachweisen müssen, dass sonst gewichtige Nachteile für sie entstehen würden. Dies konnten die Richter hier nicht erkennen.

Rechtliches

§ 573 Ordentliche Kündigung des Vermieters
(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.
(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1. der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
2. der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
3. der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

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