25. Juli 2014 von Hartmut Fischer
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Wiederkehrende Straßenausbaubeiträge sind verfassungskonform

Wiederkehrende Straßenausbaubeiträge sind verfassungskonform

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25. Juli 2014 / Hartmut Fischer

Grundsätzlich sind wiederkehrende Straßenausbaubeiträge verfassungskonform. Beitragspflichtig kann aber nur ein Personenkreis werden, den durch den Beitrag abgegoltenen konkret zurechenbaren Vorteil nutzen können. Entsprechende Bestimmungen des Kommunalabgabegesetzes sind bei entsprechender Auslegung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zu diesem Ergebnis kam das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil. Die dem Verfahren zugrunde liegenden Beitragssatzungen müssen jetzt auf Basis dieser Entscheidung erneut vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz geprüft werden.

Wiederkehrende Beiträge nach § 10a des Kommunalabgabegesetzes Rheinland-Pfalz (KAG RP), führten die Richter aus, gelten als nichtsteuerliche Abgaben. Hierüber können die Bundesländer in eigener Sachgesetzgebungskompetenz entscheiden.

Nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG) müssen Steuern und Abgaben die Betroffenen gleich belasten. Nichtsteuerliche Abgaben müssen jedoch in einem besonderen Maße sachlich gerechtfertigt sein. Sachliche Gründe sind beispielsweise der Ausgleich von Vorteilen, die Verhaltenssteuerung oder auch soziale Zwecke.

Grundstücksbezogene Straßenausbaubeiträge können nur von den Eigentümern gefordert werden, die durch die Nutzung der Straße einen Sondervorteil erhalten, den andere Nutzer der Straße nicht bekommen können. Wird die Beitragserhebung grundstücksbezogen, muss auch der Sondervorteil grundstücksbezogen sein. Wiederkehrende Beiträge nach § 10a KAG RP verstoßen bei entsprechender Auslegung nicht gegen die Belastungsgleichheit.

Mit den wiederkehrenden Beiträgen wird nicht die allgemeine Straßennutzung abgegolten, sondern die Erhaltung der wegemäßigen Erschließung als Anbindung an das inner- und überörtliche Verkehrsnetz. Durch den Straßenausbau wird die Zugänglichkeit des Grundstücks gesichert und damit der Fortbestand der qualifizierten Nutzbarkeit. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass zur wegemäßigen Erschließung eines bestimmten Grundstücks allein die Straße, an der es gelegen ist, regelmäßig nicht ausreicht. Vielmehr wird der Anschluss an das übrige Straßennetz meist erst über mehrere Verkehrsanlagen vermittelt.

Die Bildung einer einheitlichen Abrechnungseinheit für Straßenausbaubeiträge ist zulässig, wenn mit den Verkehrsanlagen ein konkret-individuell zurechenbarer Vorteil für das beitragsbelastete Grundstück verbunden ist.

§ 10a KAG RP eröffnet dem Satzungsgeber die Möglichkeit, einheitliche öffentliche Einrichtungen zu bilden, die auch nur einzelne, abgrenzbare Gebietsteile umfassen können. Die Bildung einer einzigen Abrechnungseinheit im gesamten Gemeindegebiet durch Satzung ist dann gerechtfertigt, wenn mit den Verkehrsanlagen ein Sondervorteil für das beitragsbelastete Grundstück verbunden ist. In Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet wäre dies beispielsweise nicht der Fall. Hier läge in der Heranziehung aller Grundstücke zur Beitragspflicht eine unzulässige Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte vor. Diesem Umstand wird im § 10a KAG RP Rechnung getragen.

Eine Beitragserhebung kommt nur für diejenigen Grundstücke in Betracht, die von der Verkehrsanlage einen zumindest potentiellen Gebrauchsvorteil haben. Der Vorteil der Nutzungsmöglichkeit einer ausgebauten Straße wirkt sich hier als Lagevorteil auf den Gebrauchswert des Grundstücks aus. Nur in diesem Fall erscheint es nach dem Maßstab des Gleichheitssatzes gerechtfertigt, gerade den oder die Eigentümer dieses Grundstücks zu einem Beitrag für die Nutzung der ausgebauten Straße heranzuziehen.

Ob die herangezogenen Grundstücke einen konkret zurechenbaren Vorteil von dem Ausbau und der Erhaltung einer Verkehrsanlage haben, hängt dabei nicht von der politischen Zuordnung eines Gebiets ab. Vielmehr sind die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten maßgebend (Größe, Existierendes Baugebiet, Topographie usw.) Dabei dürfte in Großstädten die Aufteilung der Verkehrsanlagen in mehrere abgrenzbare Gebietsteile regelmäßig erforderlich und unbeschadet des ansonsten bestehenden Satzungsermessens die Annahme einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ausgeschlossen sein. In kleinen Gemeinden – insbesondere solchen, die aus nur einem kleinen, zusammenhängend bebauten Ort bestehen – werden sich einheitliche öffentliche Einrichtung und Gemeindegebiet dagegen häufig decken.

Ein „funktionaler Zusammenhang“ von Verkehrsanlagen, wie er früher vom Landesgesetzgeber und den Verwaltungsgerichten gefordert wurde, ist für die Bildung einer Abrechnungseinheit von Verkehrsanlagen durch den Gleichheitssatz jedoch nicht vorgegeben. Aus verfassungsrechtlicher Sicht kommt es allein darauf an, dass eine individuelle Zurechnung von Vorteil und Beitragspflicht hergestellt werden kann.

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014 – Aktenzeichen 1 BvR 668/10 und 2104/10

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