14. Juli 2021 von Hartmut Fischer
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Altschulden bei Beziehern von Arbeitslosengeld II

Altschulden bei Beziehern von Arbeitslosengeld II

© kittisack Jiristtichai / shutterstock

14. Juli 2021 / Hartmut Fischer

Bei Empfängern von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) kann das zuständige Jobcenter keine Abzüge zur Tilgung von Altschulden (hier offene Nebenkostenabrechnungen) von den Regelleistungen vornehmen. Dies ist nicht im wohlverstandenen Sinne des Leistungsbeziehers. Zu diesem Ergebnis kommt das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in einem Urteil vom 03.05.2021 (Aktenzeichen L 11 AS 234/18).


Hier können Sie das Originalurteil nachlesen


Mieter tritt Hartz IV Leistungen ab

In dem Verfahren ging es um diverse Vereinbarungen, die ein Vermieter mit einer ehemaligen Mieterin traf. Danach sollte die Mieterin für zwei offene Nebenkostenabrechnungen jeweils  50,00 € pro Abrechnung und Monat an den Vermieter zahlen. Insgesamt standen noch rund 2.000,00 € an Nebenkosten offen.

Da die Mieterin Arbeitslosengeld II (Hartz IV) erhielt, unterschrieb sie auch entsprechende Abtretungserklärungen.  Diese legte der Vermieter beim zuständigen Jobcenter vor. Er verlangte, dass das Jobcenter die zweimal 50,00 € monatlich einbehalten und an ihn überweisen sollte.

Jobcenter verweigert zahlungen an Mieter

Hierzu war das Jobcenter jedoch nicht bereit. Dieses Vorgehen sei nicht im wohlverstandenen Interesse der Unterhaltsbezieherin (§ 53 Abs 2 Ziffer 2). Die 50,00 € dienten zur Abgeltung von Altschulden. Dafür besaß der Vermieter bereits einen Vollstreckungstitel. Die Grundsicherungsleistungen dienen jedoch lediglich zur Existenzabsicherung, nicht aber zur Tilgung der Altschulden.

ALG II nur für den aktuellen Lebensunterhalt

Der Vermieter klagte daraufhin, konnte sich aber auch hier nicht durchsetzen. Das Landessozialgericht (LSG) Bremen bestätigte die Einschätzung des Jobcenters. Um von der Grundsicherung Beträge abzutreten, müsse dem Leistungsempfänger ein adäquater Vorteil entstehen beziehungsweise gesichert werden. Das könnte beispielsweise der Schutz der Wohnung sein. Da die Mieterin aber bereits ausgezogen war, kann dieser Vorteil nicht mehr greifen.

Maximal 10 % der Regelleistung können einbehalten werden

Hinzu kommt, dass die Begleichung der Betriebskosten aus den Regelleistungen heraus, nicht im wohlverstandenen Interesse der Leistungsbezieher ist. Das Jobcenter darf auch keine 100,00 € von den monatlichen Bezügen zur Schuldentilgung des Beziehers einbehalten. Es darf höchstens 10 % des Regelsatzes abziehen.

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