8. Januar 2020 von Hartmut Fischer
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Darf „Gelbe Tonne” wegen Fehlbefüllung entfernt werden?

Darf „Gelbe Tonne” wegen Fehlbefüllung entfernt werden?

8. Januar 2020 / Hartmut Fischer

Was tun, wenn die gelben Wertstofftonnen nicht nur mit dem befüllt werden, wofür sie gedacht sind? Der Systembetreiber kann die Tonne dann ohne Leerung stehen lassen – vom Grundstück abziehen kann er sie jedoch nicht. Zu diesem Ergebnis kam das Oberlandesgericht Dresden in einem Urteil vom 01.10.2019 (Aktenzeichen 4 U 774/19).

Auslöser des Verfahrens waren die gelben Tonnen, die von den Mietern eines Hauses wiederholt nicht nur mit den Dingen befüllt wurden, für die die Wertstofftonne vorgesehen ist. Aus diesem Grund teilte der Systembetreiber dem Vermieter mit, dass er die Tonnen abziehen werde. Er berief sich hier auf die Nutzungsbedingungen, die nicht eingehalten wurden. Der Grundstückseigentümer widersprach zwar dem Bescheid des Entsorgungsunternehmens, doch dieses entfernte dennoch die gelben Tonnen.

Nachdem die Müllgefäße wieder aufgestellt wurden, klagte der Grundstückseigentümer und verlangte, dass die Tonnen zukünftig nicht mehr entfernt würden. Außerdem forderte er Schadenersatz für die Beschaffung von Ersatztonnen, die in der Zeit aufgestellt wurden, in der der Systembetreiber die Gefäße entfernt hatte.

Vor dem Landgericht Leipzig konnte sich der Grundstückseigentümer jedoch nicht durchsetzen. Darum ging er vor dem Oberlandesgericht Dresden in Berufung. Dort entschieden die Richter zu seinen Gunsten und stellten fest, dass der Vermieter aufgrund de § 861 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf die gelben Tonnen hätte, der eine Entfernung untersage.


  • § 861 BGB: Anspruch wegen Besitzentziehung
    (1) Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt.
    (2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist.


Das Gericht stellte klar, dass der Vermieter alleiniger Besitzer der Tonnen gewesen sei, als diese abgezogen wurden. Der Systembetreiber beziehungsweise dessen Mitarbeiter hätten die alleinige Sachherrschaft an den Wertstoffbehältern auf Dauer auf den Vermieter übertragen.


Unterschied Eigentum – Besitz: Vereinfacht ausgedrückt gehört die Sache einem Eigentümer, so dass er hierüber frei verfügen kann, soweit keine gesetzlichen Bestimmungen dem entgegenstehen. Der Besitzer hat das Recht über eine Sache zu verfügen, die ihm aber nicht gehört. Darin liegen auch die Grenzen des Verfügungsrechts eines Besitzers. Im Mietrecht ist in fast allen Fällen der Vermieter der Eigentümer, der Mieter jedoch der Besitzer der Wohnung.


Der Alleinbesitz des Vermieters sei durch die Entfernung der Tonnen gestört worden. Der Systembetreiber hätte deshalb die Tonnen nicht entfernen dürfen, auch wenn diese nicht ordnungsgemäß von den Mietern genutzt wurden. Der Entsorgungsbetrieb habe lediglich die Leerung verweigern dürfen. Darüber hinaus habe auch die Möglichkeit bestanden, die falsch befüllten Tonnen kostenpflichtig zu leeren,

Konnte sich der Vermieter insoweit durchsetzen, scheiterte er jedoch mit seiner Schadenersatzforderung. Das Gericht entschied hierzu, dass die Voraussetzungen nach § 823 BGB nicht gegeben seien.


§ 823 BGB Schadensersatzpflicht
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.


Nach § 823 BGB sei lediglich der berechtigte Besitz geschützt. Nun sei der Vermieter zwar alleiniger Besitzer, dieser sei aber durch die Fehlbefüllung gestört worden. Hinzu käme, dass die vom Vermieter geltend gemachten Kosten auch entstanden wären, wenn der Systembetreiber die Tonnen hätte stehen lassen und geleert hätte.

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