16. August 2011 von Hartmut Fischer
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Orgelspiel und Lärmbelästigung

Orgelspiel und Lärmbelästigung

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16. August 2011 / Hartmut Fischer


Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden“ wusste schon Wilhelm Busch. Bei einer Anwohnerin in der Nähe des Verdener Doms führten die Klänge sogar so weit, dass sie vor Gericht zog, um das Orgelspiel zu verbieten. Allerdings ohne Erfolg.

Die Kägerin wohnt bereits seit 1972 in der Nähe des Doms. Sie hatte den Eindruck, dass die Belsätigung durch das Orgelspiel sich in den letzten Jahren gesteigert habe. Für sie war ein Maß des Unerträglichen erreicht. Sie klagte deshalb vor Gericht auf Unterlassung – doch ihre Klage wurde in den Vorinstanzen abgewiesen. Auch vor dem Oberlandesgericht Celle musste sie eine Niederlage hinnehmen.  

Man bestätigte zunächst, dass das Urteil der Vorinstanz aufgrund einer unterlassenen Beweisaufnahme verfahrensrechtlich angreifbar sei. Darum wurde vom Oberlandesgericht ein Sachverständigengutachten eingeholt und ein Ortstermin durchgeführt, bei dem der Gutachter ebenfalls anwesend war. Die Beweisaufnahme ergabe, dass die Richter die Einwirkungen der Orgelgeräusche als unwesentlich ansahen. Sie mussten von der Klägerin hingenommen werden.

Der Senat stellte in seinem Urteil fest, dass das Gesetz (§ 906 BGB – Bürgerliches Gesetzbuch) nicht vorsieht, dass man von dem Orgelspiel auf dem Grundstück der Klägerin „überhaupt nichts“ hören dürfe. Im § 906 BGB Abs. 1 heißt es lediglich:

„Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von … Geräusch … von einem anderen Grundstück … insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden.“

Nach der Rechtsprechung zu Lärmimmissionen sei bei der Abgrenzung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Beeinträchtigungen nicht das subjektive Lärmempfinden eines Klägers entscheidend. Es sei darauf abzustellen, ob nach dem Empfinden eines Durchschnittsmenschen eine Beeinträchtigung auch unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange billigerweise nicht mehr zumutbar ist. Wird die „TA Lärm“ eingehalten, sei in der Regel von einer unwesentlichen Beeinträchtigung auszugehen. Der Senat hat sich im konkreten Fall auch davon überzeugt, dass über die Einhaltung der Werte hinaus die Geräusche nicht etwa wegen eines besonders unangenehmen Charakters unzumutbar sind.

Urteil der Oberlandesgerichts Celle vom 29.06.2011, Aktenzeichen 4 U 199/09
Foto: (c) Ich-und-Du / www.pixelio.de

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