17. September 2020 von Hartmut Fischer
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Wirtschaftlichkeitsgebot – was ist das?

Wirtschaftlichkeitsgebot – was ist das?

17. September 2020 / Hartmut Fischer

Gerade in Zeiten steigender Nebenkosten wird immer häufiger vom Wirtschaftlichkeitsgebot des Vermieters gesprochen. Für den Mieter ist das ganz einfach: Sie sind verpflichtet, das günstigste Angebot für ihn zu nutzen. Doch hier irrt der Mieter. Nur weil Sie nicht die preiswerteste Offerte genutzt haben, heißt das noch lange nicht, dass Sie gegen das Wirtschaftlichkeitsverbot verstoßen haben.

Die gesetzliche Grundlage

Nach § 556 Abs. 3 BGB muss bei der Abrechnung der Betriebskosten „der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit“ beachtet werden. Dieser Grundsatz wird auch noch einmal im § 560 Abs. 3 BGB bei der Änderung von Betriebskosten angemahnt. Als Definition des Wirtschaftlichkeitsgebotes wird dabei die Aussage im § 20 Absatz 1 der Neubaumietverordnung (NMV) zugrunde gelegt. Dort heißt es „Es dürfen nur solche Kosten umgelegt werden, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind.“ Obowhl die NMV eigentlich nur für preisgebundene Wohnungen gilt, hat sich diese Regelung als allgemein gültig durchgesetzt. Damit soll der Mieter davor geschützt werden, Kosten tragen zu müssen, auf die er keinen Einfluss hat. Sie haben quasi im Sinne Ihres Mieters zu handeln. Dieser Verpflichtung können Sie sich nicht entziehen. Auch eine entsprechende Klausel im Mietvertrag, die Sie vom Wirtschaftlichkeitsgebot freistellt, ist nicht zulässig.

Entscheidend ist eine Kosten-Nutzen-Analyse

Der Mieter schaut bei der Betriebskostenabrechnung natürlich nur auf die einzelnen Kostenposten. Entscheidend ist aber letztlich die Kosten-Nutzen-Analyse. Beauftragen Sie beispielsweise ein Unternehmen mit der Reinigung des Treppenhauses und ein anderes Unternehmen würde für einen nur geringen Aufschlag auch die Reinigung der Wege auf Ihrem Gelände und der Bürgersteige am Gelände unternehmen, kann dies nach der Kosten-Nutzen-Analyse die preiswertere Variante sein.

Grundsätzlich sind drei Faktoren zu berücksichtigen, damit man nicht in die Wirtschaftlichkeitsgebot-Falle gerät:

Die Kosten müssen gerechtfertigt sein. Es muss sich also um Kosten handeln, die wirklich erforderlich sind. So können beispielsweise Wartungsverträge nur dann anerkannt werden, wenn diese wirklich sinnvoll oder gesetzlich vorgeschrieben sind. So hat das Amtsgericht Münster in einem Urteil festgestellt, dass der Vermieter die Kosten für eine Dichtigkeitsprüfung der Gasleitung tragen musste, da es sich um eine Prüfung handelte, die „außer der Reihe“ also zusätzlich zu den gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen durchgeführt wurde (Urteil vom 15.03.2019 – Aktenzeichen 48 C 361/18)

Die Kosten müssen erforderlich sein. Hier ist die Bewertung häufig von der Größe des Mietobjektes ab. Bei einer großen Anlage könnte beispielsweise ein Pförtner durchaus erforderlich sein – was man bei einem Haus mit zwei Wohnungen wohl kaum sagen kann.

Die Kosten müssen angemessen sein. Das heißt, dass die entstehenden Kosten marktüblich sein müssen. Wenn Sie mehrere Angebote einholen, müssen Sie das nach der Kosten-Nutzen-Analyse günstigste Angebot wählen – auch wenn ein anderer Anbieter mit Ihnen eng befreundet ist.


Versetzen Sie sich in die Lage Ihres Mieters und fragen Sie sich, ob Sie die Maßnahme auch so vergeben würden, wenn Sie an seiner Stelle wären.


Kostensteigerungen müssen begründet werden

Einige Experten gehen davon aus, dass sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit erst dann stellen würde, wenn sich die Kosten einer Position der Betriebskosten gegenüber dem Vorjahr um mehr als 20 % erhöhen würden.

Diese Grenze war dem Kammergericht Berlin aber bereits 2006 zu hoch. In einem Verfahren, in dem es allerdings um einen Extremfall ging (69 % gestiegene Hausmeisterkosten, die nicht ausreichend begründet wurden) stellten die Richter in der Urteilsbegründung klar:

„Sind einzelne Positionen der Betriebskosten gegenüber dem Vorjahr stark gestiegen, obliegt es dem Vermieter, hierfür nachvollziehbare Gründe anzugeben. Dazu bedarf es regelmäßig detaillierter Ausführungen, wodurch die Preissteigerung hervorgerufen wurde und warum er diese Preissteigerung nicht – z. B. durch Beauftragung eines anderen Unternehmens – vermeiden konnte. Legt der Vermieter dies nicht dar, verstößt er in Bezug auf diese Betriebskosten gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. Von einem „starken“ Anstieg ist in der Regel auszugehen, wenn – wie vorliegend – der Anstieg binnen eines Jahres mehr als 10% beträgt“

(Urteil des Kammergerichts Berlin vom 12.01.2006, Aktenzeichen 12 U 216/04)


Vergleichen Sie die einzelnen Positionen der Betriebskostenabrechnung mit den Vorjahreszahlen. Liegen die Ergebnisse um mehr als 10 % höher, erläutern Sie die Erhöhungen gegenüber Ihren Mietern. So ersparen Sie sich eine Menge Unannehmlichkeiten.


Preiswert heißt nicht billig

Wer wirtschaftlich handelt, sollte sich nicht nur auf die Kosten achten. Wichtig ist, auch, dass die Qualität stimmt. Mit diesem Qualitätsanspruch können Sie auch Abschlüsse mit Lieferanten oder Dienstleistern begründen, die etwas teurer sind, als andere Anbieter. So können Sie beispielsweise darauf verweisen, dass der gewählte Anbieter in dem Ruf steht, besonders zuverlässig zu sein.

Ein gutes Argument ist auch, dass eine langfristige Pauschale vereinbart wurde. Bei steigenden Kosten kann dies langfristig günstiger sein, als eine Vereinbarung, bei der die Preise den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden kann.

Häufig ist ein Anbieter auch nur auf den ersten Blick günstiger. Günstige Zahlungsbedingungen und Rabatte können bei genauem Hinsehen dazu führen, dass die entstehenden Kosten letztlich doch geringer sind, als bei dem Anbieter, der zunächst günstiger erscheint.

Beweispflicht liegt beim Mieter

Der Mieter kann aber nicht einfach behaupten, dass der Vermieter gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat. Er muss dies auch beweisen. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 06.07.2011 noch einmal klargestellt (Aktenzeichen: VIII ZR 340/10).  In dem Urteil ging es um gestiegene Kosten für die Müllabfuhr, die ein Mieter nicht akzeptieren wollte. Die höheren Kosten waren entstanden, weil die Mieter den Müll nicht getrennt hatten und deshalb die kostenlosen Tonnen von der Kommune eingezogen wurden. Der BGH entschied, dass der Mieter nicht nachweisen konnte, dass gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen wurde (dieser berief sich auf einen „Betriebskostenspiegel für Deutschland“, den er in der Presse gefunden hatte).  Darum musste der Mieter seinen Anteil an den höheren Müllgebühren bezahlen. Lesen Sie hierzu auch diesen Blog-Beitrag

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