24. April 2021 von Hartmut Fischer
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Wucher bei Schlüsselnotdienst

Wucher bei Schlüsselnotdienst

© Andrey_Popov/Shutterstock

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24. April 2021 / Hartmut Fischer

Es ist schnell passiert: Die Wohnungstür fällt zu – und der Schlüssel liegt noch in der Wohnung. Wer dann den Schlüsseldienst ruft, erlebt nicht selten eine böse Überraschung, wenn er die Rechnung in Händen hält. Der Bundesgerichthof (BGH) hat in einem Urteil vom 16.01.2020 festgestellt, dass Rechnungen, die um mehr als 100 % über den Marktpreisen liegen, Wucher sind. Hier würde die Zwangslage der Wohnungsnutzer ausgenutzt (Aktenzeichen 1 StR 113/19).

Hier können Sie das Originalurteil nachlesen

In dem Verfahren ging es um ein Unternehmen, dessen Betreiber bereits im August 2018 vom Landgericht Kleve verurteilt worden waren. Unter anderem hatte man die Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs verurteilt.

Sie hatten in diversen Telefonbüchern Schlüsselnotdienste eintragen lassen. Aufgrund der Anschriften und Telefonnummern musste man davon ausgehen, dass sich die Dienste in der Nähe befanden. Rief man die Nummern jedoch an, gelangte man zu einem Call-Center, das vortäuschte, man habe einen Schlüsseldienst vor Ort erreichte,  die Aufträge entgegennahm und einen Monteur zum Auftraggeber schickte.

Vor Ort wurden dann horrende Preise, die um mehr als doppelt so hoch lagen, wie es marktüblich wäre, verlangt. Auch hier wurde immer noch so getan, als handele es sich um eine ortsansässige Firma. Vor diesem Hintergrund bemängelte die Staatsanwaltschaft, dass die Angeklagten nicht auch wegen Wuchers bestraft wurden und legte Revision vor dem BGH ein.

Der BGH gab der Staatsanwaltschaft Recht. Das Gericht bestätigte, dass zwischen der erbrachten Leistung und dem abgerechneten Honorar ein großes Missverhältnis bestehe. Es liege ein Fall von Wucher nach § 291 Abs. 1 Nr. 3 StGB (Strafgesetzbuch vor, da die abgerechneten Honorare doppelt so hoch waren, als marktüblich.

In seiner Begründung stellte der BGH fest, dass es sich hier um die Ausbeutung einer Zwangslage handele. Habe sich ein Wohnungsnutzer ausgesperrt, befinde er sich fast immer in einer Ausnahmesituation. Da die Tür möglichst rasch wieder geöffnet werden müsse, habe der Ausgesperrte keine Chance mit mehreren Anbietern zu verhandeln. Er habe auch so gut wie keine Möglichkeit, den vom Auftragsnehmer verlangten Preis nachzuverhandeln.

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