16. November 2021 von Hartmut Fischer
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Auch Toleranz hat ihre Grenzen

Auch Toleranz hat ihre Grenzen

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16. November 2021 / Hartmut Fischer

Normalerweise müssen Nachbarn den von Kindern verursachten Lärm als sozialadäquat und  zumutbar hinnehmen. Dass es aber auch hier eine Grenze des Zumutbaren gibt, zeigt ein Beschluss des Landgerichts Berlin vom 30.07.2021 (Aktenzeichen 65 S 104/21). Danach kann unter Umständen der Kinderlärm sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Dauernder Kinderlärm nach 22:00 Uhr

In dem Verfahren ging es um Lärmbelästigungen, die sich über ein halbes Jahr hinzogen. Die Kinder lösten durch ihr Verhalten immer wieder laute Streitereien, die zu Geschrei und Gebrüll führten und bei denen auch die Türen in der Wohnung geknallt wurden. Dies geschah fast immer nach 22:00 Uhr, sodass die Nachtruhe der Nachbarn empfindlich gestört wurde.

Mehrere Abmahnungen – dann kündigung

Der Vermieter sprach deshalb mehrere Abmahnungen aus, die aber keinen Erfolg hatten. Da sich die Situation nicht verbesserte, kündigte der Vermieter fristlos und ersatzweise ordentlich. Der Mieter weigerte sich jedoch, die Kündigung anzuerkennen, sodass der Vermieter Räumungsklage erhob.

Amtsgericht gibt vermieter recht

Bereits vor dem Amtsgericht Berlin-Neukölln hatte er Erfolg: Das Gericht gab der Räumungsklage statt und erklärte die Kündigung in diesem Fall für wirksam. Die Mieter hatten nach Meinung des Gerichts ihre Verpflichtung, auf andere Mieter Rücksicht zu nehmen, erheblich verletzt. Zwar müsse grundsätzlich auch in Ruhezeiten mit Kinderlärm gerechnet werden. Dies dürfe aber kein Dauerzustand sein. Eine ständige Lärmbelästigung während der Ruhezeiten müssten die Mitmieter nicht hinnehmen. Der Mieter wollte das Urteil nicht anerkennen und legte Berufung beim Landgericht Berlin ein.

landgericht bestätigt Vorinstanz

Doch auch hier unterlag der Mieter: Das Landgericht schloss sich der Meinung der Vorinstanz an. Zumindest die ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB sei wirksam. Die Mieter hätten eindeutig gegen das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme verstoßen und seien für erhebliche Lärmbelästigungen verantwortlich.

Die Richter stellten zwar fest, dass Kinderlärm grundsätzlich privilegiert gewertet würde. Dies finde aber seine Grenzen, wenn dadurch die nächtlichen Ruhezeiten wiederholt gestört würden und die verantwortlichen Erwachsenen nicht einschreiten würden.

Urteil nicht allgemein gültig

In dieser Entscheidung ging es um einen Extremfall. Normalerweise erklären die Gerichte auch stärkere Lärmbelästigungen durch Kinder als sozialadäquat. Dies gilt auch dann, wenn dabei die üblichen Grenzwerte der TA-Lärm und der VDI-Richtlinie 2058 überschritten werden.


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