28. November 2020 von Hartmut Fischer
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Gewerbemietrecht: Lockdown doch ein Mietmangel?

Gewerbemietrecht: Lockdown doch ein Mietmangel?

28. November 2020 / Hartmut Fischer

Es ist leider nichts neues, dass die Gerichte in vielen Dingen unterschiedlich entscheiden. So auch in der Frage, ob ein Mietmangel vorliegt, wenn ein Geschäft aufgrund der Pandemie-Bestimmungen nicht geöffnet werden darf. Eine ganze Reihe von Richtern haben entschieden: Nein – Corona-erzwungene Schließungen sind kein Mietmangel. Folge: Die Miete ist weiter zu zahlen. Doch nun hat das Landgericht München in dieser Frage anders entschieden.

Unter anderem hatte das Landgericht Frankfurt Main bereits am 07.08.2020 festgestellt, dass eine Geschäftsschließung aufgrund der Covid-19-Maßnahmen nicht als Mietmangel angesehen werden könne (siehe hierzu unseren Beitrag vom 20.10.2020). Dieser Meinung schlossen sich auch das Landgericht Heidelberg (Urteil vom 30.07.2020 – Aktenzeichen 5 O 66/20) und das Landgericht Zweibrücken (Urteil vom 11.09.2020 – Aktenzeichen HK O 17/20) an.

Allerdings vertreten eine ganze Reihe von Juristen, dass im Falle der behördlich erzwungenen Geschäftsschließung der § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) zum Zuge kommen kann. Dieser Paragraf eröffnet die Möglichkeit, einen Vertrag anzupassen, wenn sich die Umstände so verändert haben, dass unter den bestehenden Bedingungen der Vertrag so nicht geschlossen worden wäre und eine Fortführung des Vertrages unzumutbar ist.

Das Landgericht München stellte nun in einem Urteil fest, dass es sich bei der Schließung eines Geschäftes doch um einen Mietmangel handele, der den Mieter zur Mietkürzung berechtige (Urteil vom 22.09.2020 – Aktenzeichen 3 O 4495/20). Es sprach dem Mieter eines großen Ladengeschäfts in der Münchener Innenstadt das Recht zu, die Miete aufgrund des „Mietmangels Geschäftsschließung“ zu kürzen. Für den April 2020 um 80 %, den Mai um 50 % und den Juni um 15 %.

Zur Begründung musste das Gericht weit zurückgehen. Die Richter verwiesen auf Entscheidungen des Reichsgerichts aus den Jahren 1913 bis 1916. Das Landgericht schloss sich der dort vertretenen Meinung an, dass ein Mietmangel auch durch eine Behörden­verfügung oder eine öffentlich-rechtliche Regelung entstehen kann.

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