5. Mai 2020 von Hartmut Fischer
Teilen

Neubau um höhere Mieten zu erzielen?

Neubau um höhere Mieten zu erzielen?

5. Mai 2020 / Hartmut Fischer

Will ein Hauseigentümer sein Haus abreißen lassen, um eine Immobilie zu errichten, mit der er seine Mieteinnahmen steigern kann, müssen bei der Abwägung der Wirtschaftlichkeit auch die Investitionskosten berücksichtigt werden. Auch andere Gründe können gegen einen Abriss sprechen. Das ergibt sich aus einem Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 26.11.2019 (Aktenzeichen 16 S 328/18).

In dem Verfahren ging es um eine angemietete Wohnung, für mietvertraglich vereinbart wurde, dass diese auch zur Ausübung eines Gewerbes (Heilpraktiker-Praxis) genutzt werden durfte. Das Gebäude wurde nach zehn Jahren verkauft. Der neue Eigentümer wollte die Immobilie abreißen und neu bauen – er wollte hierzu rund zwei Millionen Euro investieren. Der neue Vermieter kündigte deshalb den Mietern mit der Begründung, dass er bei einem Neubau statt der aktuellen 1.000 Euro dann 3.500 Euro Miete erzielen würde.

Die Heilpraktikerin weigerte sich jedoch, der Kündigung zuzustimmen und verlangte die unveränderte Fortsetzung des Mietverhältnisses. Da man sich nicht einigen konnte, reichte der Hauseigentümer die Räumungsklage beim Amtsgericht ein und erhielt dort auch Recht.

Die legte daraufhin Berufung beim Oldenburger Landgericht ein. Diese Instanz kam zu dem Ergebnis, dass der Mietvertrag der Frau zu Unrecht gekündigt worden war. Die Richter gaben der Berufung daher statt und kippten damit das Urteil des Amtsgerichts.

In seiner Abwägung kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass das Bestands-Interesse des Mieters schwerer wiege, als das Verwertungsinteresse des Hauseigentümers. Das Gericht zweifelte nämlich daran, dass das bestehende Objekt für den Immobilieninhaber weniger rentabel sei, als ein Neubau. Neben den höheren Mieteinnahmen müssten nämlich auch die Investitionskosten von zwei Millionen Euro berücksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund sei es zweifelhaft, ob der Neubau tatsächlich lukrativer für den Inhaber sei, als die Bestands-Immobilie.

Außerdem kam für das Gericht hinzu, dass der Käufer der Immobilie über die Vermietungen im Haus informiert war. Damit sei er beim Kauf bewusst das Risiko eingegangen, dass eine Kündigung der Heilpraktikerin scheitern könne.

In seiner Begründung stellte das Gericht außerdem fest: „Erschwerend wirkt, dass die Kündigung unmittelbar auch auf die berufliche Existenz der Mieterin Auswirkungen hat, da sie entsprechend der ausdrücklichen Vereinbarungen in den Räumlichkeiten ihre Heilpraktiker-Praxis unterhält und damit ihren Lebensunterhalt bestreitet“.

Es sei jedoch schwierig, Räumlichkeiten zu finden, die als Wohnung und gleichzeitig für die berufliche Tätigkeit genutzt werden könnten. Hinzu komme, dass die Heilpraktikerin einen Kundenstamm aufgebaut habe, in dessen Nähe sie natürlich bleiben möchte.

Das könnte Sie auch interessieren:
Abrissgenehmigung und Neubau-Miete 
Wann ist eine Verwertungskündigung möglich?
Rechte der Vermieter und Mieter bei Verwertungskündigung

 

immo:News abonnieren
Nutzen Sie unseren Informations-Service und erhalten Sie kostenlose Produktinformationen aus erster Hand, exklusive Aktionsangebote, Tipps, Tricks und aktuelle Urteile rund um das Thema Vermietung.