28. Oktober 2022 von Hartmut Fischer
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Wenn der Mieter insolvent wird

Wenn der Mieter insolvent wird

© Dean Drobot / Shutterstock

28. Oktober 2022 / Hartmut Fischer

Durch die galoppierende Inflation und ins Uferlose steigende Energiepreise wird die finanzielle Decke vieler Mieterinnen und Mieter immer dünner. Kommt es dann zur Privatinsolvenz, ist dies für den Vermieter oft  überraschend. Viele Fragen stehen dann unbeantwortet im Raum.

Keine Kündigungsmöglichkeit bei Insolvenzantrag

Hat der Mieter einen Insolvenzantrag gestellt, kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen vor der Insolvenzantragstellung entstandenen Zahlungsrückständen nicht nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB außerordentlich kündigen (§ 112 InsO – Insolvenz-Ordnung). Entstehen die Zahlungsrückstände jedoch nach der Antragstellung auf Insolvenz, ist eine außerordentliche Kündigung möglich.

Ein im Mietvertrag vereinbartes Kündigungsrecht aus wichtigem Grund wegen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist unwirksam (§ 119 InsO). Grundsätzlich besteht das Mietverhältnis also auch nach dem Insolvenzantrag fort und kann nur vom Insolvenzverwalter gekündigt werden.

Kündigungsmöglichkeit nach Enthaftungserklärung

Die Kündigung wegen Zahlungsrückstände wird auch wieder möglich, wenn der Insolvenzverwalter eine wirksame Enthaftungserklärung abgibt. Dann ist also auch eine fristlose Kündigung möglich, wenn ein Mietrückstand von zwei Monatsmieten aufgelaufen ist. Bei der Ermittlung des Rückstandes werden auch die offenen Forderungen berücksichtigt, die bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind.


Was ist eine Enthaftungserklärung? Mit einer Enthaftungserklärung, die der Insolvenzverwalter abgibt, bleibt das Mietverhältnis zunächst weiter, bestehen. Der Vermieter kann aber keine Forderungen gegenüber der Insolvenzmasse geltend machen. (Insolvenzmasse: noch zur Verfügung stehende, vom Insolvenzverwalter überwachte Mittel). Der Vermieter kann aber nun seine Forderungen direkt gegenüber dem Mieter geltend machen und beispielsweise auch auf die Mietkaution zugreifen.


Mieter hat fast keine Rechte mehr

Der Mieter hat ab Insolvenzantrag de facto keine Rechte mehr – die sogenannte Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis geht auf den Insolvenzverwalter über. Dennoch darf der Insolvenzverwalter nur nach Absprache mit dem Mieter die Wohnung betreten. Der Vermieter darf ihm auch nur nach Rücksprache mit dem Mieter einen Wohnungsschlüssel aushändigen.

Während des Insolvenzverfahrens muss die Miete aus der Insolvenzmasse befriedigt werden. Dies setzt aber voraus, dass keine „Massenunzulänglichkeit“ besteht. Hiervon spricht man, wenn die Insolvenzmasse nicht ausreicht, die Verbindlichkeiten des Mieters komplett zu befriedigen.

Wichtig: Vermieterpfandrecht bei Mieterinsolvenz

Bei der Abdeckung der Mietforderungen spielt das Vermieterpfandrecht eine besondere Rolle. Werden Gegenstände, die dem Vermieterpfandrecht unterliegen, verkauft oder anderweitig gegen Geld veräußert, hat der Vermieter das Recht auf „abgesonderte Befriedigung“. Er hat dann Anspruch auf eine vorrangige Befriedigung seiner Forderungen aus dem Verwertungserlös (§ 50 Abs. 1 InsO).

Rückforderungsrecht des Insolvenzverwalters

Hat der Vermieter ausstehende Mietforderungen beispielsweise durch ein Zwangsvollstreckungsverfahren eingetrieben und wusste er, dass der Mieter insolvent war, kann der Insolvenzverwalter unter Umständen, die eingetriebenen Gelder zurückfordern.

Ablehnung des Insolvenzverfahrens

Wird das Insolvenzverfahren mangels Masse abgewiesen, bleibt das Mietverhältnis zwar bestehen, kann aber dann wegen der Zahlungsrückstände außerordentlich gekündigt werden. Hier zählen auch die im Insolvenzvorbereitungsverfahren entstandenen Rückstände. Meist kann also schon kurz nach der Ablehnung des Insolvenzverfahrens gekündigt werden.


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