9. September 2019 von Hartmut Fischer
Teilen

Keine Räumungsfrist trotz drohender Obdachlosigkeit

Keine Räumungsfrist trotz drohender Obdachlosigkeit

9. September 2019 / Hartmut Fischer

Unter „normalen Umständen“ kann der Vermieter nicht damit rechnen, dass ein Mieter sofort nach der fristlosen Kündigung auszieht. Eine sogenannte Räumungsfrist von einer bis zwei Wochen wird meist gewährt. Doch es gibt auch Ausnahmen, bei denen diese Frist nicht mehr gewährt werden muss. Selbst wenn dem Mieter nach der Kündigung Obdachlosigkeit droht, kann die Räumungsfrist verweigert werden, wie ein Beschluss des Landgerichts Berlin vom 09.07.2019 zeigt (Aktenzeichen 67 T 69/19).

Die Räumungsfrist ergibt sich aus § 721 Zivilprozess-Ordnung (ZPO), die dem Gericht die Möglichkeit gibt, diese Frist einzuräumen.


§ 721 ZPO (Auszug): (1) Wird auf Räumung von Wohnraum erkannt, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewähren. Der Antrag ist vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das Urteil ergeht. Ist der Antrag bei der Entscheidung übergangen, so gilt § 321; bis zur Entscheidung kann das Gericht auf Antrag die Zwangsvollstreckung wegen des Räumungsanspruchs einstweilen einstellen. …


Im vorliegenden – besonders dreisten – Fall befand sich die Mieterin im Zahlungsverzug. Auch nach dem Räumungsurteil bequemte sie sich nicht, irgendwelche Zahlungen zu leisten. Erschwerend kam hinzu, dass die Mieterin zwei Wohnungen – rechtswidrig – in Besitz genommen hatte und seit Jahren für eine der Wohnungen keine Miete zahlte.

Trotz der berechtigten Kündigung wurden dem Vermieter die Wohnungen über fünf Jahre vorenthalten. Nachdem gegen den Lebensgefährten ein rechtskräftiges Räumungsurteil erging, zwang die Mieterin den Mieter in einen weiteren mehrjährigen Prozess. Hier musste der Vermieter durchsetzen, dass gegen die Mieterin ein gesonderter Räumungstitel erging.

Das war augenscheinlich für das Landgericht Berlin auch zu viel. Es lehnte das Urteil des Amtsgerichts Berlin Mitte ab. Dort war der Mieterin noch eine – wenn auch kurze – Räumungsfrist eingeräumt worden. Auch den Antrag der Mieterin auf eine Räumungsfrist lehnte das Gericht ab. Im vorliegenden Fall könne keine Räumungsfrist gefordert werden, auch wenn dies die Obdachlosigkeit der Mieterin zur Folge hätte.

Das könnte Sie auch interessieren:

Räumungsklage bei vorliegenden Härtegründen
Selbstmordgefährdeter Mieter und Räumungsvergleich
Räumungsschutz bei Gesundheitsrisiken

immo:News abonnieren
Nutzen Sie unseren Informations-Service und erhalten Sie kostenlose Produktinformationen aus erster Hand, exklusive Aktionsangebote, Tipps, Tricks und aktuelle Urteile rund um das Thema Vermietung.